Mittwoch, 4. Februar 2009

Frustbrüder

Fernab aller Deutsch-Pop-Wellen hat sich das sympathische Quintett Madsen viele Fans erspielt. Trotzdem klingt es auf seinem dritten Frieden im Krieg zornig.

Hackordnung. Madsen sind in Wien, um ihr neues Album zu bewerben. Wenn man Madsen sagt, kann das Verschiedenes meinen. Im konkreten Fall ist es nicht die gesamte Band, die angereist ist, sondern zwei Fünftel davon, die sich neben dem Bandnamen jedoch auch den Familiennamen teilen. Sebastian Madsen, der Sänger und Songschreiber der Gruppe, und Sascha Madsen, der Schlagzeuger, sind Brüder, und auch Gitarrist Johannes Madsen hat dieselben Eltern. Lediglich Bassist Niko Maurer und Keyboarder Volkert Jahnke leugnen bislang hartnäckig jegliches verwandtschaftliche Verhältnis zu ihren Bandkollegen. Doch im Ernst: Wie ist es, ständig mit seinen Brüdern zusammen zu sein? „Wir sind das so gewohnt“, sagt Sascha, „wir hatten vorher schon zwei Bands, die von der Besetzung ganz ähnlich ausgesehen haben.“ Dass Sebastian als Kreativzelle und Sänger auch der Chef des Gespanns wäre, verneinen die Madsens. „Er hat heute zwar im Hotel geschlafen, während ich privat untergebracht war, aber beides auf eigenen Wunsch“, erzählt Sascha. „Ich könnte gar nicht groß auf Star machen, schließlich muss ich darauf bauen, dass die anderen immer noch meine Songs spielen wollen“, schmunzelt dagegen der große Bruder. „Die Strukturen in der Band sind klar verteilt, jeder weiß genau, wofür er zuständig ist. Wobei Sascha diesmal bei einem Stück mitgeschrieben hat, was eine Neuheit ist.“

Handbremse. Von Bruderzwist also keine Spur, dennoch klingt das neue Album Frieden im Krieg erstaunlich ruppig und hart. Es ist wieder näher beim Erstlingswerk Madsen (2005) als beim etwas überproduzierten Nachfolger Goodbye Logik (2006). Ein Schritt zurück nach vorn? „Für mich stehen die drei Alben für drei verschiedene Bilder“, führt Sebastian Madsen aus. „Wir haben aber schon zur ursprünglichen Härte zurückgefunden, da liegen auch unsere Wurzeln. Ich glaube, dass Goodbye Logik die Ausnahme unter unseren Alben sein wird. Man sagt ja oft, dass das zweite Album das schwierigste ist. Bei uns stimmt das wohl. Das erste Album lief viel besser, als wir dachten. Die Kritiker fanden’s erfrischend, wir hatten uns ein kleines Publikum erspielt und wollten niemanden enttäuschen. Mit dem Resultat, dass wir das zweite Album mit angezogener Handbremse produziert haben.“ Beim neuen Werk haben sich Madsen wieder auf ihre Stärken besinnt, auf harte Gitarren und übersteuerte Signale, wie sie in der deutschsprachigen Popmusik selten genug vorkommen.

Herzliche Härte. Ein bisschen Übertreibung und Agieren im roten Bereich kann dem sonst oft zahnlosen Deutsch-Pop nicht schaden. Als der Begriff Deutsch-Pop fällt, beginnt Sebastian Madsen nervös zu wippen. Es ist ihm wichtig, zu betonen, dass seine Band sich zu keiner Schule und keinem Trend zugehörig fühlt: „Madsen hätte in zehn Jahren auch genauso funktioniert, sage ich jetzt mal ganz großkotzig. Madsen ist einfach – Madsen. Ich habe auch beim dritten Album nicht das Gefühl, ich kann unsere Musik irgendwo einordnen.“ Da hat er nicht ganz Unrecht, man müsste dazu schon einen neuen Begriff wie „Kantiger Pop-Rock mit Geschrei“ erfinden. So brav seine Gesangsstimme klingt, so gern verfällt der Sänger nämlich ab und zu in ein herzhaftes Brüllen. „Ich weiß auch nicht, wo dieser Zorn herkommt“, sagt er. „Es ist nicht so, dass ich oft besonders schlecht drauf wäre, es geht mir mehr darum, in der Musik Energie freizulassen. Oder den Frust raus zu schreien und sich damit zu befreien.“ Frieden im Krieg will er nicht als politische Aussage verstanden wissen, auch dieser Song, der gleichzeitig als Albumtitel dient, gehe auf ein persönliches Befreiungserlebnis zurück: „Da haben wir im Studio gestritten. Ich bin dann immer so, dass ich mich recht schnell zurückziehe. Nicht, weil ich ausweiche, ich komme mit solchen Dingen einfach am besten klar, wenn ich sie in einem Song verarbeite.“ Das tut ihm gut und die Band profitiert auch davon. Ein Weg zur Psychohygiene, um den manch andere Band Madsen beneiden wird.

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